Im Weinkeller auf dem Hügel – Lelle und Nikolas (Teil 2)

Jetzt sind wir also beim angemieteten Keller angelangt, der auf einem Hügel von Pradis liegt. Früher war Nikolas im Zentrum von Cormons, schön, aber unpraktisch. Wenn man jetzt das große Tor aufmacht, hat man eine prachtvolle Aussicht.

Cool, Tür auf, Panorama.

„Wir entrappen nicht“, ist das erste, was mir die beiden jetzt erklären. Die Rappen geben floreale Noten.

„Die Trauben werden getreten, mit den nackten Füßen in den roten Erntekisten“…bei diesen Worten muss ich sofort an Stephanie von Gut Oggau denken, die auch den Trauben auf diese sinnliche und ursprüngliche Weise begegnet.

Dann kommen die Trauben sofort in’s Betonfass und die Gärung beginnt, ziemlich schnell, nach ein paar Stunden oder nach zwei Tagen spätestens. „Das Fass kann man oben aufmachen und nochmal reingehen, die Trauben reichen dann bis zur Hüfte, …spüren, treten und riechen, wie weit ist es schon…passt es? fehlt was?…“

DER MENSCH IST EINFACH MIT DABEI.

„Die Füße haben eine Knautschzone… Maschinen haben die nicht..“

Was ist eigentlich maschinell im Keller? Nur eine elektrische Presse. Es gibt also eine Hand-Korbpresse und eine elektrische Presse, die das Doppelte pressen kann.

Im Keller sehe ich noch ein paar Edelstahltanks vom Besitzer des Weinkellers, die fast nie verwendet werden, Betonfässer, und paar gebrauchte Tonneaux und Barrique- Fässer. (Im Keller befinden sich 75 hl Wein.)

“Ein TETRIS Spiel”, sagt Nikolas. Jedes Jahr ist es wieder anders an dem Tag, an dem die reifen Trauben im Keller ankommen. Ein Strategie-Spiel, ein schnelles Durchspielen der Möglichkeiten, ein “Wie nutze ich meine Möglichkeiten am besten?”

Nikolas liebt das Improvisieren.

Lelle und Nikolas brauchen die Spannung.

Eines der Geheimnisse ihrer lebendigen Weine liegt hier. Doch wer kann so kunstvoll improvisieren? Jemand, der seine/ihre Karten kennt, gelernt hat, viel studiert hat, Erfahrungen gemacht hat. Lelle hat eine Winzerausbildung und das Studium in Geisenheim absolviert. Nikolas wollte auch in Udine Önologie studieren, doch viele hatten ihm davon abgeraten. Er wollte die Arbeit im Weinberg studieren, doch in Udine ging es vor allem um die Kellerarbeit. Lelle hat in Geisenheim viele Praxismodule gehabt, in denen es um das Gleichgewicht im Weinberg ging, um Kräuter und Insekten. Auch biodynamische Fragen wurden diskutiert. Nikolas hat dann beschlossen, durch die Arbeit zu lernen, er hat auf diese Weise den Weinbau in vielen Teilen der Welt “studiert”, sogar in Australien.

Die erste Fassprobe ist der Wahnsinn für mich: am Anfang ganz schmeichelnd, fast tropisch. Süße Frucht und das Finale ist SALZIG, man kann es nicht anders sagen, nicht mineralisch, SALZIG. “TOC di Montone”…vor allem Tocai (Friulano), dann Picolit und Malvasia, im gemischten Satz.

Das Salzige kommt vom Boden, vom Muschelkalk (Basaltmuscheln). “Montone”, die Lage auf der schattigen Seite des Monte Quarin, war einmal ein Flussdelta

Hier sehen wir den Unterschied zwischen dem orangen Ponka (Flysch von Cormons) und dem Konglomerat mit Muschelstücken.

Und hier die beiden Weine von Nikolas, links ein “kühlerer” Wein, eben der “Toc di Montone” vom Muschelkalkboden mit 2 Tagen Maischezeit und rechts der “Gran Waldo” vom Ponkaboden mit ca. 10 Tagen Maischezeit (Malvasia Istriana, Ribolla Gialla, Friulano im gemischten Satz). “Waldo” war übrigens der frühere Name von Pradis, als hier alles Wald war und auch noch Deutsch gesprochen wurde.

Habe ich schon erwähnt, dass Nikolas die Etiketten selbst gestaltet !?

In Zukunft wird es einen dritten Lagenwein geben, von der dritten Lage in San Floriano.

Als Nikolas rausgeht, um zu telefonieren, rede ich mit Lelle allein über Rudolf Steiner und die Biodynamie. Wir reden darüber, wie es ist, den ganz eigenen individuellen Weg zu finden, mit Neugier und dem Willen ZU TUN, AUSZUPROBIEREN. Langsam immer mehr zu verstehen, wie BIN ICH, wie IST MEIN BODEN und wie WIRD MEIN WEIN. Lelle und Nikolas sind für mich das beste Beispiel dafür, wie durch diesen Prozess EINZIGARTIGKEIT greifbar/spürbar/sichtbar wird.

“Alles andere ist Firlefanz!” – Lelle und Nikolas (Teil 1)

Im November 2023 hatte ich die aufregenden Weine von Lelle und Nikolas erwähnt, die ich bei der VNDIMA 23 verkostet hatte, nun darf ich das Paar kennen lernen bzw. Nikolas wiedertreffen und im Laufe des Vormittages mich dem annähern, was ihre Weine so einzigartig macht.

Es ist schon beeindruckend, wenn du jemandem die Zahlen, die Farben und die ersten Konjugationen auf Deutsch beigebracht hast und 10 Jahre später hält dir dann dieser Ex-Schüler einen Vortrag über Rebschnitt auf Deutsch mit Fachausdrücken, die du selbst noch nie gehört hast.

Hier seht ihr Nikolas Juretic vor dem Monte Quarin in Cormons (aber nicht vor seinen Weinbergen, das sind die des Nachbarn):

Nikolas und Lena-Maria Julier, kurz Lelle, führen mich hinter das Elternhaus von Nikolas vor einen Malvasiarebstock aus dem Jahr 1950. Ein junger Hupfer im Vergleich zu anderen bis zu 100-jährigen Rebstöcken im Besitz der Familie. Warum werden diese Rebstöcke so alt und bleiben so fruchtbar? Die Basis ist der sanfte Rebschnitt und natürlich viele andere Faktoren, die ich in diesem Artikel versuchen werde zu beschreiben. Simonit & Sirch haben die Methode des sanften Rebschnitts entwickelt und sie in die ganze Welt gebracht. Lelle und Nikolas sind beide Experten dieser Methode und haben viele Weinbauern beraten. 2013 hatte Nikolas bei Simonit & Sirk angefangen zu arbeiten, ab 2016 war er für Deutschland und Österreich verantwortlich und im Jahr 2018 hat er seinen ersten Wein gemacht. Nikolas war bis vor 2 Monaten noch fix angestellt bei dem Rebschnittunternehmen und hat sich nun aber für einen Expertenvertrag entschieden, der ihm nun bedeutend mehr Zeit lässt für seine Familie und seine Weine, die großen Anklang finden in der Welt der Naturweine.

Ein Rebstock muss beschnitten werden, das ist klar. Ohne Schnitt wäre das Haus daneben in zwei Jahren zugewachsen. Die Weinrebe gehört zu den Lianengewächsen und hat das Ziel, ihre Samen möglichst weit weg von der Pflanze zu bekommen. Wir verfolgen eine Fruchtrute dieses starken Malvasiaweinstocks…sie ist zehn Meter lang. Das “Herz” (meine Assoziation), das Nikolas hier auf dem Foto mit den Händen umfasst, ist nicht so abgestutzt, wie wir es oft sehen, nicht voller Schnittwunden. Die Kraft verteilt sich…aber nicht jeder Rebstock hat so viel Potenz, es gibt auch schwache und vor jedem Rebstock wird entschieden, wie er behandelt werden muss. Individuell.

Es ist Anfang März und Nikolas wird am Nachmittag Rebschnitt betreiben, zu einer Zeit, in der die großen Weingüter schon lange damit fertig sein müssen, da viele schon die Weißweine abfüllen. Lelle erklärt mir, dass es gut sei, einen kurzen Zeitabschnitt zwischen Rebschnitt und Austreiben der Pflanze zu haben, die Schnittwunde werden dann nicht so tief. Und der Laubschnitt? Wenn andere mit dem Traktor durchfahren, um zu entblättern? Laubschnitt gibt es nicht, denn das stresst die Pflanze, das ganze Gleichgewicht der Pflanzenhormone wird durcheinander gebracht. Und somit auch der Rebstock, was Jahr für Jahr und auf die Dauer schwächt. Aber das “Jäten”, das Ausbrechen der jungen Triebe ist essentiell, da sonst eben der “Busch” entsteht, der Blätterwald, der dann auch bei nassem Wetter Pilzen und anderen Rebkrankheiten Boden bereiten kann. Das heißt, das 80-90 Prozent der Arbeit für einen guten Wein im Weinberg zu leisten ist!

“Alles andere ist Firlefanz!”, ruft Lelle.

Das manuelle Ausbrechen kann ich mir natürlich bei 10/20/30 ha Rebfläche nicht leisten. Die Weine von Nikolas – denn bisher sind es seine Weine, Lelle hat ihre Weine in Deutschland – entstehen auf 3 ha, die vor allem aus kleinen Parzellen bestehen, die sein Vater schon immer bewirtschaftet hat, aber selbst keinen Wein produziert hatte. Nikolas Vater hatte seine Trauben immer an Privatleute verkauft. Diese 3 Hektar setzen sich so zusammen: 0,8 ha in Pradis und 1,2 ha auf dem Monte Quarin (auf der Rückseite, die Seite Richtung Slowenien) und 1 ha in San Floriano. Diese Parzellen haben alle einen “gemischten Satz”, also zum Beispiel Malvsia, Ribolla und Tocai friulano bunt zusammen, wie es in Italien bis 1963 gang und gäbe war, bis dann die ersten DOC entstanden sind, für die dann auch ausgerissen wurde, um zum Beispiel Chardonnay- oder Pinot Grigio-Moden nachzukommen.

Hier eine weniger kraftstrotzende Pflanze mit nur einer Fruchtrute.

Die Kraftverteilung unseres kraftvollen Malvasiaweinstocks.

Welche Vorteile hat nun ein gemischter Satz? Nun, für den Weinbauer war er eine Risikominimierung, denn sollte eine Rebsorte von Rebkrankheiten befallen werden oder unter Trockenheit leiden, konnten sich die anderen Rebsorten retten.

Zurück zur Flaschenabfüllung. Wann macht die denn Nikolas? Im Juli! Oder sogar in der ersten Augustwoche, denn da ist es ruhig im Weinberg, die Gärprozesse sind definitiv abgeschlossen und die Fässer muss man nur säubern (und nicht wässern, um das Austrocknen zu vermeiden), bevor sie schon bald die frisch gelesenen Trauben des neuen Jahrgangs empfangen können. Die Spontangärung kann dann gut starten.

Als Lelle und Nikolas meinen, wir könnten nun Richtung Weinkeller aufbrechen, entdecke ich Salatpflanzen zwischen den Rebzeilen. Elena Orzan (siehe auch meinen Artikel aus dem November), die Mutter von Nikolas, hatte hier Gemüse gepflanzt. Wenn ich sozusagen einen Gemüsegaten zwischen den Zeilen habe, brauche ich noch weniger mähen. “Ja, und das Unkraut?”, frage ich. Lelle sagt: “Es gibt kein Unkraut! Das sind alles Bodendecker.” Ich habe noch viel zu lernen, denke ich mir…Gemäht wird also selten, denn viele Pflanzen brauchen Zeit, um ihr Samen zu entwickeln und so Biodiversität zu garantieren.

Die beiden arbeiten mit Kupfer und Schwefel und mit biodynamischen Präparaten (“500”, “501”, Pflanzentees…). Ihr Traum ist es, auch Tiere im Weinberg zu haben, wie es die Biodynamie vorsieht. Nikolas liebt Esel, die hätte er gerne wieder für seine Kinder, wie er sie in seiner Kindheit hatte. Eine Kindheit, die er da oben auf dem Monte Quarin verbracht hatte.

Lelle und Nikolas: Es ist wohl entschieden, dass sie in Italien bleiben werden, obwohl sie auch immer wieder in der Pfalz sein werden, wo die Familie von Lelle ein Weingut hat, auf dem sie aufgewachsen ist und ihre Weine macht. Die Handarbeit im Weinberg macht sie weiterhin, die Weinlese kann sie nicht immer verfolgen, wenn sie gleichzeitig in Italien im Gange ist.

Wir machen uns auf zum Weinkeller…im zweiten Teil geht’s weiter…

PECORARI UND BARINPLAZA -und das alles in San Lorenzo Isontino…

San Lorenzo ist normalerweise ein “Durchfahrdorf” für mich, doch am 2.Februar habe ich dort gleich zweimal Halt gemacht. Am Vormittag war ich bei meinen Bekannten, dem Winzerpaar Clizia Zambiasi und ihrem Mann Alessandro Pecorari von dem Weingut Pierpaolo Pecorari. Von Pecorari habe ich eigentlich immer mindestens eine Flasche Wein zu Hause, denn ich bin zwar ein großer Fan von mazerierten Weinen, doch diese sind oft schwierig in der Wein-Speisen-Kombination. Vor allem, wenn es um Fisch geht. Die Pecorari-Weißweine sind immer frisch und aromatisch, elegant und gut im “abbinamento cibo vino”. Und sehr beliebt im Ausland: Alessandro verkauft die Weine in der ganzen Welt, auch in Asien sind sie sehr beliebt. Clizia ist die Önologin.

Heute wird abgefüllt: Ich komme an, als die Flaschen einer meiner Lieblingsweine im Kreise zu “tanzen” beginnen. Ros’Alba Rosè aus Merlot-, Refosco- und Cabernettrauben. Vor Ros’Alba wurde Weißwein gefiltert und nun wird gewartet, bis die Farbe des Rosè sich Platz macht im Filter der Abfüllanlage. Die Farbnuancen werden im Tageslicht verglichen. Jetzt passt’s.

Und die erste Flasche mit Kapsel – NUMBER ONE Ros’Alba Rosè 2023- bekomme ich geschenkt!

Clizia führt mich noch herum und zeigt mir, wo sie am Zaun PIWI-Rebstöcke gepflanzt hat, nur als Dekoration, denn in Friaul Julisch-Venetien hat die Universität in Udine erst angefangen, mit PIWI zu experimentieren. Bis es dann hier möglich sein wird, ganz legal Wein mit ihnen zu produzieren, dauert es noch lange. In Trentino-Alto Adige sind sie da schon weiter.

Alessandro zeigt mir wiederum stolz die neuen Verkostungsräume des Weinguts. Geplant ist, dass ich das nächstes Mal mit meiner Canon vorbeikomme…Beim Plaudern erwähnt er, dass in San Lorenzo in der Bar “BARINPLAZA” oft interessante Abende mit Wein, Winzern und neuen kulinarischen Ideen stattfinden, wie genau am selben Abend.

Da bin ich dabei: Und so treffe ich mit Freuden auf den Bruder von Alessandra Mauri (siehe meinen Blogbeitrag zuvor), Mauro Mauri und habe nochmal den Genuss ihren roten Vermouth zu verkosten und davor ihren Pignolo. Doch erstmal komme ich an und werde herzlich von Massimo Pettarin empfangen, er führt mich an einen etwas isolierten Tisch, wo ich “sola soletta” (ganz allein) Platz nehmen. Neben mir ist ein bequemer Sessel, auf dem bald ein junger strahlender Mann Platz nimmt. Massimo stellt ihn mir als Mattia vor, als den Inneneinrichter, der angefangen hat, “Barinplaza” langsam und originell umzukrempeln. Die Blumen an der Wand, die Hasen auf dem Kühlschrank, witzige Lampen…

Mattia hat ein Geschäft mit Showräumen in Treviso, “ONDESIGN”, und diese Showräume verwandeln sich abends in ein Spitzenrestaurant (1 Michelin Stern) namens “VITE” – ist das nicht ein geniales Konzept? “VITE” produziert auch diese leckeren Gerichte im Glas (sie werden in der Mikrowelle gewärmt). Der Gast isst direkt aus dem Glas, das später an VITE zurückgegeben wird, um wiederverwendet zu werden.

Mein Favorit ist an diesem Abend saftiges “pulled pork” aus dem Glas mit dem Pignolo von Borgo San Daniele. Der Pignolo ist -wie Mauro erzählt – eine der heimischen Rotweinsorten, die aufgrund ihres dominanten Tannins erst zu bändigen ist, der 2018er-Jahrgang von Arbis Ros wurde mit Erfolg gebändigt und zeigt sich stolz mit stattlicher Struktur und an der Nase mit Beerenaroma.

Und hier die Protaganisten des Abends: Cristina und Massimo von Barinplaza, Stefano Poser von Sassocorno und Mauro Mauri von Borgo San Daniele.

Wermut! Vermouth! Der “Santon” von Borgo San Daniele

“Leben ist das was passiert, während du dabei bist, andere Pläne zu machen…” (John Lennon)

Der Plan für einen sonnigen Samstag im vergangenen November war, Martin Martschnig von Italissimo.at seit Ewigkeiten wieder zu treffen und mit ihm auf den Monte Quarin zu gehen. Bevor er seine mehrstündige Heimfahrt nach Österreich antreten muss.

Habe ich noch nie von Martin erzählt ? Er steht für die Art von Tourismus, die mir super gefällt. Er kennst (fast alle) Regionen Italiens und seine Leute und Betriebe vor Ort. Ich selbst durfte einige seiner Kleinstgruppen betreuen: Ehepaare, 4-6 Freunde, jedesmal Personen, die wirklich eintauchen wollen in das Territorium.

Also, ja, der Plan war also auf den Monte Quarin zu wandern und bei Sonnenschein sich über die letzten Jahre auszutauschen und neue Projekte zu entwerfen.

Das Leben sagte: “Ich bring’ euch mal zu Alessandra von Borgo San Daniele!”

Eigentlich sollte ich Martin bei Alessandra Mauri von Borgo San Daniele nur abholen, doch dann treffe ich zufällig Davide von Mumble Design, der am neuen Design der Weinkartons von Borgo San Daniele arbeitet und für den ich früher übersetzt habe. Die Atmosphäre wird immer lebhafter, bis Alessandra uns bittet, doch in ihrem schönen Verkostungssaal Platz zu nehmen.

Eccolo! Martin von Italissimo.at neben einem Bild vom bekannten Maler Giordano Floreancig. Ich liebe diesen Stil von moderner Kunst neben schweren oder weniger schweren alten Möbeln. Auch in den Zimmern, die Martins (vorallem) österreichische Gäste bei Borgo San Daniele buchen können, habe ich einen wunderbaren alten Bauernschrank bewundert.

Alessandra möchte uns ihren weissen Wermut “Santòn” einschenken und ich wehre mich erstmal mit Händen und Füßen dagegen, denn ich bin kein Fan von hochgradigen alkoholischen Getränken…und überhaupt, wo komma da hin, wenn ma den Samstagvormittag mit Wermut beginnt !!!

Glücklicherweise kann frau einer so vollendeten Gastgeberin nicht lange widerstehen: Vor den zwei Gläsern mit Wermut (eines mit Eis, das andere ohne) stehen plötzlich zwei Teller mit Köstlichkeiten, darunter Käse von Zoff aus Borgnano di Cormons und Prosciutto von Stefano Calligaris aus Palmanova.

Was ist eigentlich ein Wermut? Ein gespriteter Wein, also ein Wein, dem Alkohol zugesetzt wurde und -viel wichtiger für das Aroma – viele Kräuter, eines davon ist verpflichtend: Das namensgebende Wermut-Kraut (Artemisia absinthium). Dieses Kraut heisst im Dialekt hier: Santòn, daher der Name dieses Getränkes, das mich nun so wohltuend und aromatisch überrascht und meinen Gaumen und auch Magen umschmeichelt. Kräuter, Gaben der Natur, für die Gesundheit des Menschen, mit Wein kombiniert. Was will man mehr?

Ich begebe mich dankbar für die schönen Begegnungen zu meinem Auto, um 15 Minuten nach Hause zu fahren, wo mein Hund sich über einen Spaziergang am Ufer des Isonzo freuen wird.

Martin setzt sich ins Auto Richtung Klosterneuburg, bisserl längere Fahrt…

Hier für euch noch ein paar Fotos der Azienda Borgo San Daniele, liebevoll gestaltete kleine Winkel und ein…

…”portico” mit viel Platz zum Arbeiten und zum Feiern…

MEDANA: VNDIMA 23

Das erste Mal in Medana (Slowenien): Das Weinlesefest VNDIMA!

Medana liegt im BRDA-Gebiet, das Schwesterngebiet des COLLIO auf der slowenischen Seite.

23.Oktober 2023: Es ist noch warm und es herrscht gute Stimmung. Im Freien bei den Buden, wo man einheimischen Käse, Prosciutto und Brotspezialitäten verkosten kann. Elektronische Musik und kurzärmlige Verkostungsfreudige.

Die Winzer sind in einem Keller und in einem großen Saal untergebracht. Die Luft ist schwül: Ich bin mit meiner Vespa gekommen und muss mich erstmal akklimatisieren. Der erste Schluck eines knackigen Sauvignon von Werlitsch aus der Steiermark hilft mir.

Ich lächle Menschen an, denen ich auf früheren Weinveranstaltungen schon begegnet war, einige lächeln zurück, andere gucken etwas iritiert. Ich wechsle ein paar Worte mit Kristian Keber und Sasa Radikon, koste mich kreuz und quer herum, genieße die ehrlichen Noten von Naturweinen und merke, dass ich weniger aufnahmefähig werde. Das, obwohl ich auch “spucke”, was ich früher immer unglaublich schade fand- doch ich will ja nicht später mit der Vespa im Graben landen…

Doch dann schenkt mir Alexis Paraschos seinen Lieblingswein ein: KAI!

Mein Gaumen öffnet sich wieder in Andacht und ich sehe eine lichterfüllte Kathedrale vor mir- wie ich sie in Sizilien bewundert habe. “Callmewine” nennt Kai einen dreidimensionalen Wein. 100 Prozent Friulano, bewunderswerte Klasse mit leichtem Tanninakzent.Frucht von ganz alten Rebstöcken.

Elena Orzan – diese lebendige, charmante Weinexpertin hat einmal die Enoteca von Cormons geleitet. Wir hatten uns kennen gelernt, da ich ihrem Sohn Nikolas Deutschunterricht gegeben hatte…Letzten Sommer hatte ich dann das Etikett seiner Weine in Grado im Restaurant Cardamomo bewundert. Heute verkoste ich das erste Mal seine Weine. Neu. Jung. Anders. Sind seine Zementfaesser das Geheimnis? Seine Ausbildung in Deutschland?

Und Lelle Wine? Lelles Wein. Der Lelle ihrer. Und Lelle ist dem Nikolaus seine. Wow! Meine Synapsen werden angeregt. Ein aufregendes Paar.

Wenn ihr genau hinschaut, seht ihr auf dem zweiten Foto, dass sogar ihr Nachwuchs auf gewisse Weise mit dabei war.

Sonnenunterergang bewundern, Helm aufsetzen und auf geht’s!

DARE TO IMAGINE IN DRESDEN

Kann sich jemand an meine Verkostung im IMPACT HUB in Triest erinnnern? Vor Jaaahren!? Im Impact Hub hatte ich Vera Hofmann (Dare to Imagine) kennengelernt. Später auch ich ihre wunderbar offenen Eltern, gemeinsam haben wir einige Weinchen verkostet…

Die Möglichkeit, nach Dresden zu fahren und all diese neuen wertvollen Impulse zu erhalten – verdanke ich ihr.

Übrigens ist der Impact Hub für immer geschlossen worden. Extrem schade.

Ja wie, könnte da jemand sagen, jetzt schreibt die da 5 1/2 Jahre nichts mehr und dann fängt sie so an, ohne ein Minimum von Erklärung, von Einleitung…?!

Stimmt.

Vor allem eine große persönliche Enttäuschung in der Weinwelt hatte mir die Lust genommen zu schreiben. Krise.

Dann Corona – “ed eravamo a posto”.

Krisen sind – IMMER IM NACHHINEIN – sehr lehrreich. Und siehe da, da bin ich also wieder, älter (irgendwie passiert das allen), völlig weißhaarig und hoffentlich etwas weiser!!!

Die Welt ist ja in der Zwischenzeit keineswegs einfacher geworden, doch genau heute ist es wichtig, wieder aufzubrechen, mit Neugier, Zuversicht, Mut und Hoffnung.

Als Vera mich zu ihrem Salon Event “In Peace with Money, Honey” eingeladen hatte, war mir klar, da muss ich hin!

Morgendliches Aufwärmen im Alten Torhaus in Dresden-Friedrichstadt

Dieses Aufwärmen und all die kreativen Momente vor/nach den “open spaces” und überhaupt der rote Faden waren in den Künstlerinnenhänden von Clarissa Hurst (dadadance.ch): Diesen roten Wollfaden hatte sie auch wirklich, wenn wir im Kreis zusammensaßen. Ihre Strickliesel produzierte fort und fort und präsentierte so immer ein sichtbares Weben und Wachsen in unserer Zusammenarbeit.

What a fantastic place!

An Vera liebe ich ihre Vision und wie sie diese vermittelt, mit feinem Witz, großer herzverbundener Intelligenz und ausgewählten exaltierten (wie befreiend!) Momenten.

Sie war eine perfekte Gastgeberin, die es geschafft hat, unsere Arbeit in ihre Stadt zu bringen und Dresden damit auch zur Protagonistin werden zu lassen. Ein Dresden, das sicher noch die wenigsten kennen. Reich an Orten, die soziale und nachhaltige Werte hochhalten. Orte wie: Die Alte Gärtnerei (Sebastian), das Algenwerk, das Palais Café…letzteres hat uns das wunderbare Catering geliefert, das bei bestem Herbstwetter von Vera immer liebevoll auch zu einem Augenschmaus gemacht wurde.

In kleinen Gruppen – und mit Fahrrädern – sind wir zu den oben genannten Plätzen gefahren. Ich war bei Sebastian in der Alten Gärtnerei. Sorry, Sebastian, dass ich keine tolleren Fotos habe, mir ist mein Objektiv der Canon runtergefallen und alle Fotos sind leider überbelichtet. Diese zwei sind mit dem Handy gemacht:

Zurück im Friaul habe ich oft an Sebastians Worte gedacht: Wenn man am Land lebt, auch im heißer werdenden Norditalien, gibt es Bäume, die Schatten spenden, ich habe meinen Isonzo, in dem ich mich (außer bei Wassermangel im Sommer 2022) abkühlen kann…doch in der Stadt fehlen immer mehr Bäume in Schulhöfen für Kinder. Kinder, die nie beobachten können, wie etwas wächst…Sebastian hat ein Kind und er sagt, er will einmal ohne schlechtes Gewissen auf die Frage antworten können: “Was hast du eigentlich unternommen?”. Bei ihm gibt es Beeren zum Selbstpflücken, einen Gemeinschaftsgarten, eine Gemeinschaftsküche, Kunst in den alten Gewächshäusern und vieles mehr.

Und hier ist ein Teil unserer Gruppe – tataaaa! Jung und alt gut gemischt!

Ja, und dann gab es meine Verkostung am letzten Tag, in der wir uns fast 2 Stunden Zeit genommen haben, um über die wunderbaren Weine von Vignai da Duline und Hilde Petrussa zu reden.

Und hier mein schönes, lebendiges, interessiertes Publikum:

Und dann leider schon der Abschlussabend vor der Feuerschale…

Fotos von Clarissa, Vera und mir.

Frau mal nicht im Friaul-EIN GEHEIMTIPP IN FLORENZ

(Untertitel: Worüber ich schon seit Ewigkeiten schreiben wollte)

Letzten Sommer waren wir auf der “Isola del Giglio” (ganz wunderbar!) und auf dem Heimweg sind wir in Florenz stehen geblieben. Florenz fasziniert ja immer mit seiner Schönheit und seiner Geschichte, aber ist an gewissen Orten, die “man gesehen haben muss”, einfach furchtbar überlaufen. Die Domkuppel haben wir z.B. NICHT gesehen, da wir nicht 2 Stunden anstehen wollten.

Umso schöner ist es dann, wenn du dann durch eine kleine Strasse gehst, und dir von deinem vormittäglich noch wachen Geist zuflästern lässt:

“Ecco, dreh dich nach rechts, da drinnen wartet etwas auf dich….!”

Eine Mosaikwerkstatt? Darf man da reingehen?…..Wir betreten vorsichtig einen Raum, eine Werkstatt, in der gearbeitet wird und wo uns freundlich und stumm zugenickt wird. So auf die Art, gehen Sie ruhig weiter.

Auf der Seite eine Sammlung von unbearbeiteten Steinen.

Auf einer der Werkbänke die Vorlage für ein Mosaik.

Und dann im großen Raum Prachtstücke wie diese Tischplatte – aus dem Jahre 1870, wie wir später erfahren.

An dieser Stelle nochmals vielen lieben Dank an Asami, die liebenswürdige japanische Kunstexpertin, die einen der Brüder Lastrucci geheiratet und somit Teil dieses wundervollen Ortes geworden ist, an dem eines der ältesten florentinischen Kunsthandwerke fortgeführt wird. Lapislazuli, Perlmutt und Koralle u.v.a. -“pietre dure” werden hier verarbeitet.

Von Asami erhalten wir eine Privatführung, in der sie uns zum Beispiel dieses Portät eine Frau zeigt, das von ihrem Schwiegervater gefertigt wurde. Mit Hilfe einer Lichtquelle, die für Besucher hinten eingeschaltet wird, werden die verschiedenen feinen Schichten sichtbat, die dem Antlitz Farbe verleihen und es keineswegs “versteinert” erscheinen lassen.

Oh, ein Miniaturmosaik: Der Petersdom!

Insomma: Ein Ort, an dem Eltern und Kinder nicht aus dem Staunen herauskommen…