Im Weinkeller auf dem Hügel – Lelle und Nikolas (Teil 2)

Jetzt sind wir also beim angemieteten Keller angelangt, der auf einem Hügel von Pradis liegt. Früher war Nikolas im Zentrum von Cormons, schön, aber unpraktisch. Wenn man jetzt das große Tor aufmacht, hat man eine prachtvolle Aussicht.

Cool, Tür auf, Panorama.

„Wir entrappen nicht“, ist das erste, was mir die beiden jetzt erklären. Die Rappen geben floreale Noten.

„Die Trauben werden getreten, mit den nackten Füßen in den roten Erntekisten“…bei diesen Worten muss ich sofort an Stephanie von Gut Oggau denken, die auch den Trauben auf diese sinnliche und ursprüngliche Weise begegnet.

Dann kommen die Trauben sofort in’s Betonfass und die Gärung beginnt, ziemlich schnell, nach ein paar Stunden oder nach zwei Tagen spätestens. „Das Fass kann man oben aufmachen und nochmal reingehen, die Trauben reichen dann bis zur Hüfte, …spüren, treten und riechen, wie weit ist es schon…passt es? fehlt was?…“

DER MENSCH IST EINFACH MIT DABEI.

„Die Füße haben eine Knautschzone… Maschinen haben die nicht..“

Was ist eigentlich maschinell im Keller? Nur eine elektrische Presse. Es gibt also eine Hand-Korbpresse und eine elektrische Presse, die das Doppelte pressen kann.

Im Keller sehe ich noch ein paar Edelstahltanks vom Besitzer des Weinkellers, die fast nie verwendet werden, Betonfässer, und paar gebrauchte Tonneaux und Barrique- Fässer. (Im Keller befinden sich 75 hl Wein.)

“Ein TETRIS Spiel”, sagt Nikolas. Jedes Jahr ist es wieder anders an dem Tag, an dem die reifen Trauben im Keller ankommen. Ein Strategie-Spiel, ein schnelles Durchspielen der Möglichkeiten, ein “Wie nutze ich meine Möglichkeiten am besten?”

Nikolas liebt das Improvisieren.

Lelle und Nikolas brauchen die Spannung.

Eines der Geheimnisse ihrer lebendigen Weine liegt hier. Doch wer kann so kunstvoll improvisieren? Jemand, der seine/ihre Karten kennt, gelernt hat, viel studiert hat, Erfahrungen gemacht hat. Lelle hat eine Winzerausbildung und das Studium in Geisenheim absolviert. Nikolas wollte auch in Udine Önologie studieren, doch viele hatten ihm davon abgeraten. Er wollte die Arbeit im Weinberg studieren, doch in Udine ging es vor allem um die Kellerarbeit. Lelle hat in Geisenheim viele Praxismodule gehabt, in denen es um das Gleichgewicht im Weinberg ging, um Kräuter und Insekten. Auch biodynamische Fragen wurden diskutiert. Nikolas hat dann beschlossen, durch die Arbeit zu lernen, er hat auf diese Weise den Weinbau in vielen Teilen der Welt “studiert”, sogar in Australien.

Die erste Fassprobe ist der Wahnsinn für mich: am Anfang ganz schmeichelnd, fast tropisch. Süße Frucht und das Finale ist SALZIG, man kann es nicht anders sagen, nicht mineralisch, SALZIG. “TOC di Montone”…vor allem Tocai (Friulano), dann Picolit und Malvasia, im gemischten Satz.

Das Salzige kommt vom Boden, vom Muschelkalk (Basaltmuscheln). “Montone”, die Lage auf der schattigen Seite des Monte Quarin, war einmal ein Flussdelta

Hier sehen wir den Unterschied zwischen dem orangen Ponka (Flysch von Cormons) und dem Konglomerat mit Muschelstücken.

Und hier die beiden Weine von Nikolas, links ein “kühlerer” Wein, eben der “Toc di Montone” vom Muschelkalkboden mit 2 Tagen Maischezeit und rechts der “Gran Waldo” vom Ponkaboden mit ca. 10 Tagen Maischezeit (Malvasia Istriana, Ribolla Gialla, Friulano im gemischten Satz). “Waldo” war übrigens der frühere Name von Pradis, als hier alles Wald war und auch noch Deutsch gesprochen wurde.

Habe ich schon erwähnt, dass Nikolas die Etiketten selbst gestaltet !?

In Zukunft wird es einen dritten Lagenwein geben, von der dritten Lage in San Floriano.

Als Nikolas rausgeht, um zu telefonieren, rede ich mit Lelle allein über Rudolf Steiner und die Biodynamie. Wir reden darüber, wie es ist, den ganz eigenen individuellen Weg zu finden, mit Neugier und dem Willen ZU TUN, AUSZUPROBIEREN. Langsam immer mehr zu verstehen, wie BIN ICH, wie IST MEIN BODEN und wie WIRD MEIN WEIN. Lelle und Nikolas sind für mich das beste Beispiel dafür, wie durch diesen Prozess EINZIGARTIGKEIT greifbar/spürbar/sichtbar wird.

PECORARI UND BARINPLAZA -und das alles in San Lorenzo Isontino…

San Lorenzo ist normalerweise ein “Durchfahrdorf” für mich, doch am 2.Februar habe ich dort gleich zweimal Halt gemacht. Am Vormittag war ich bei meinen Bekannten, dem Winzerpaar Clizia Zambiasi und ihrem Mann Alessandro Pecorari von dem Weingut Pierpaolo Pecorari. Von Pecorari habe ich eigentlich immer mindestens eine Flasche Wein zu Hause, denn ich bin zwar ein großer Fan von mazerierten Weinen, doch diese sind oft schwierig in der Wein-Speisen-Kombination. Vor allem, wenn es um Fisch geht. Die Pecorari-Weißweine sind immer frisch und aromatisch, elegant und gut im “abbinamento cibo vino”. Und sehr beliebt im Ausland: Alessandro verkauft die Weine in der ganzen Welt, auch in Asien sind sie sehr beliebt. Clizia ist die Önologin.

Heute wird abgefüllt: Ich komme an, als die Flaschen einer meiner Lieblingsweine im Kreise zu “tanzen” beginnen. Ros’Alba Rosè aus Merlot-, Refosco- und Cabernettrauben. Vor Ros’Alba wurde Weißwein gefiltert und nun wird gewartet, bis die Farbe des Rosè sich Platz macht im Filter der Abfüllanlage. Die Farbnuancen werden im Tageslicht verglichen. Jetzt passt’s.

Und die erste Flasche mit Kapsel – NUMBER ONE Ros’Alba Rosè 2023- bekomme ich geschenkt!

Clizia führt mich noch herum und zeigt mir, wo sie am Zaun PIWI-Rebstöcke gepflanzt hat, nur als Dekoration, denn in Friaul Julisch-Venetien hat die Universität in Udine erst angefangen, mit PIWI zu experimentieren. Bis es dann hier möglich sein wird, ganz legal Wein mit ihnen zu produzieren, dauert es noch lange. In Trentino-Alto Adige sind sie da schon weiter.

Alessandro zeigt mir wiederum stolz die neuen Verkostungsräume des Weinguts. Geplant ist, dass ich das nächstes Mal mit meiner Canon vorbeikomme…Beim Plaudern erwähnt er, dass in San Lorenzo in der Bar “BARINPLAZA” oft interessante Abende mit Wein, Winzern und neuen kulinarischen Ideen stattfinden, wie genau am selben Abend.

Da bin ich dabei: Und so treffe ich mit Freuden auf den Bruder von Alessandra Mauri (siehe meinen Blogbeitrag zuvor), Mauro Mauri und habe nochmal den Genuss ihren roten Vermouth zu verkosten und davor ihren Pignolo. Doch erstmal komme ich an und werde herzlich von Massimo Pettarin empfangen, er führt mich an einen etwas isolierten Tisch, wo ich “sola soletta” (ganz allein) Platz nehmen. Neben mir ist ein bequemer Sessel, auf dem bald ein junger strahlender Mann Platz nimmt. Massimo stellt ihn mir als Mattia vor, als den Inneneinrichter, der angefangen hat, “Barinplaza” langsam und originell umzukrempeln. Die Blumen an der Wand, die Hasen auf dem Kühlschrank, witzige Lampen…

Mattia hat ein Geschäft mit Showräumen in Treviso, “ONDESIGN”, und diese Showräume verwandeln sich abends in ein Spitzenrestaurant (1 Michelin Stern) namens “VITE” – ist das nicht ein geniales Konzept? “VITE” produziert auch diese leckeren Gerichte im Glas (sie werden in der Mikrowelle gewärmt). Der Gast isst direkt aus dem Glas, das später an VITE zurückgegeben wird, um wiederverwendet zu werden.

Mein Favorit ist an diesem Abend saftiges “pulled pork” aus dem Glas mit dem Pignolo von Borgo San Daniele. Der Pignolo ist -wie Mauro erzählt – eine der heimischen Rotweinsorten, die aufgrund ihres dominanten Tannins erst zu bändigen ist, der 2018er-Jahrgang von Arbis Ros wurde mit Erfolg gebändigt und zeigt sich stolz mit stattlicher Struktur und an der Nase mit Beerenaroma.

Und hier die Protaganisten des Abends: Cristina und Massimo von Barinplaza, Stefano Poser von Sassocorno und Mauro Mauri von Borgo San Daniele.

Wermut! Vermouth! Der “Santon” von Borgo San Daniele

“Leben ist das was passiert, während du dabei bist, andere Pläne zu machen…” (John Lennon)

Der Plan für einen sonnigen Samstag im vergangenen November war, Martin Martschnig von Italissimo.at seit Ewigkeiten wieder zu treffen und mit ihm auf den Monte Quarin zu gehen. Bevor er seine mehrstündige Heimfahrt nach Österreich antreten muss.

Habe ich noch nie von Martin erzählt ? Er steht für die Art von Tourismus, die mir super gefällt. Er kennst (fast alle) Regionen Italiens und seine Leute und Betriebe vor Ort. Ich selbst durfte einige seiner Kleinstgruppen betreuen: Ehepaare, 4-6 Freunde, jedesmal Personen, die wirklich eintauchen wollen in das Territorium.

Also, ja, der Plan war also auf den Monte Quarin zu wandern und bei Sonnenschein sich über die letzten Jahre auszutauschen und neue Projekte zu entwerfen.

Das Leben sagte: “Ich bring’ euch mal zu Alessandra von Borgo San Daniele!”

Eigentlich sollte ich Martin bei Alessandra Mauri von Borgo San Daniele nur abholen, doch dann treffe ich zufällig Davide von Mumble Design, der am neuen Design der Weinkartons von Borgo San Daniele arbeitet und für den ich früher übersetzt habe. Die Atmosphäre wird immer lebhafter, bis Alessandra uns bittet, doch in ihrem schönen Verkostungssaal Platz zu nehmen.

Eccolo! Martin von Italissimo.at neben einem Bild vom bekannten Maler Giordano Floreancig. Ich liebe diesen Stil von moderner Kunst neben schweren oder weniger schweren alten Möbeln. Auch in den Zimmern, die Martins (vorallem) österreichische Gäste bei Borgo San Daniele buchen können, habe ich einen wunderbaren alten Bauernschrank bewundert.

Alessandra möchte uns ihren weissen Wermut “Santòn” einschenken und ich wehre mich erstmal mit Händen und Füßen dagegen, denn ich bin kein Fan von hochgradigen alkoholischen Getränken…und überhaupt, wo komma da hin, wenn ma den Samstagvormittag mit Wermut beginnt !!!

Glücklicherweise kann frau einer so vollendeten Gastgeberin nicht lange widerstehen: Vor den zwei Gläsern mit Wermut (eines mit Eis, das andere ohne) stehen plötzlich zwei Teller mit Köstlichkeiten, darunter Käse von Zoff aus Borgnano di Cormons und Prosciutto von Stefano Calligaris aus Palmanova.

Was ist eigentlich ein Wermut? Ein gespriteter Wein, also ein Wein, dem Alkohol zugesetzt wurde und -viel wichtiger für das Aroma – viele Kräuter, eines davon ist verpflichtend: Das namensgebende Wermut-Kraut (Artemisia absinthium). Dieses Kraut heisst im Dialekt hier: Santòn, daher der Name dieses Getränkes, das mich nun so wohltuend und aromatisch überrascht und meinen Gaumen und auch Magen umschmeichelt. Kräuter, Gaben der Natur, für die Gesundheit des Menschen, mit Wein kombiniert. Was will man mehr?

Ich begebe mich dankbar für die schönen Begegnungen zu meinem Auto, um 15 Minuten nach Hause zu fahren, wo mein Hund sich über einen Spaziergang am Ufer des Isonzo freuen wird.

Martin setzt sich ins Auto Richtung Klosterneuburg, bisserl längere Fahrt…

Hier für euch noch ein paar Fotos der Azienda Borgo San Daniele, liebevoll gestaltete kleine Winkel und ein…

…”portico” mit viel Platz zum Arbeiten und zum Feiern…

Der VITOVSKA von Parovel

Und weiter geht’s mit zwei besonderen Frauen hier im Friaul: Elena Parovel und Liliana Savioli. Von den beiden wurde ich Anfang Oktober eingeladen, an ihrer Vitovska- Vertikale teilzunehmen. Über das Olivenöl von Parovel hatte ich ja vor einem Jahr schon geschrieben und auch über den Vitovska, der als einheimische Rebsorte fast nur um Triest zu finden ist. Heute soll ich also den Vitovska von Parovel kennen lernen. Eigentlich bin ich ja eher ein Fan von mazerierten Vitovskas, aber ich bin sehr neugierig. Der Betrieb Parovel hat seinen Sitz dort, wo sich die Pforten des “Val Rosandra” (ein Naturschutzgebiet, interessant zum Wandern und Vögel beobachten) über Triest öffnen. Wo die Bora oft pfeift…

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Liliana Savioli, meine Lieblingssommelier, treibt sich bei meiner Ankunft schon mit den früh angekommenen anderen Gästen in den “Lehrrebreihen” vor dem Weingut herum. Jede Reihe eine andere Rebsorte, weiße und rote. Wir kosten.Ganz eindeutig der Unterschied zwischen der reifen Süße des Merlot und der herben Säure des Terran. Und einen “roten Malvasia” hatte ich noch nie gekostet, noch nicht einmal von seiner Existenz gehört.

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Wir begeben uns mit Elena als Hausherrin in den Vorraum des Weinkellers, wo sie uns von ihrer Familie erzählt, mit ihrem ganz eigenen natürlichen Charme und Witz und manchmal auch Selbstironie.IMG_1471

Ihre Familie produziert seit 4 Generationen Öl und Wein, mit der Zeit wurde die Anbaufläche immer größer. Heute sind es etwa 15 ha Öl und 15 ha Wein. (Man kann sich kaum vorstellen, wie anstrengend die 4 Monate von August bis November sein müssen: zuerst die Weinlese und dann die Olivenernte !!) Elena und ihr Bruder Euro sind aber die erste Generation, die nur von Wein und Öl lebt. Ihre Eltern hatten noch zwei Arbeiten: Der Vater lud die großen Frachtschiffe im Hafen von Triest aus, die Mutter war Friseurin. Und ganz nebenbei gab es noch die Landwirtschaft!

Wir gehen in den Weinkeller, in denen die Holzfässer lagern, doch der VITOVSKA BARDE, den wir nachher verkosten, sieht nie Holz. Er reift in den Edelstahlbehältern im nächsten Raum:IMG_1472

Bemerkenswert der Geselle, der am Eingang des Weinkellers wacht – und der 100-jährige Rebstock an der Wand. IMG_1477IMG_1475

Nun aber zur Verkostung! Im großen, weitläufigen Verkostungssaal ist schon alles bereit: Es werden erstmal Fotos geschossen und dann geht es los.IMG_1478

Liliana Savioli beginnt mit einer generellen Einführung über den Vitovska, über seine delikate Struktur und seine Einzigartigkeit, die in seiner Bescheidenheit und Eleganz liegt. Ein Wein, der nie ein “großer” sein wird – oder doch? Müssen wir nur unsere Gewohnheiten hinterfragen? Kein aromatischer Wein, aber unheimlich anpassungsfähig in der Restauration.

Links von ihr auf diesem Foto sitzt Euro, der Bruder von Elena, verantwortlich für die Arbeit im Weinberg und im Weinkeller. LInks von ihm Claudio Fabbro, Weinexperte, und daneben der Vater von Elena und Euro.IMG_1491 (2)

Sie erzählt vom Vitovska, der ohne die Bora nicht denkbar ist. Die Bora, die oft so unangenehm pfeift und die Arbeit draussen schwierig macht, aber auch erleichert. Wie das? Ohne die Bora müsste man viel mehr eingreifen und auch spritzen, denn die Bora reinigt. Wenn man die Traubenform der Vitovska sieht, erkennt man die Kompaktheit, die nötig ist, um einen “Windangriff” auszuhalten und aber im Gegenteil in einem feuchten, windstillen Klima anfällig gegen Schimmel und Krankheiten machen würde.IMG_1496

Wir verkosten die Jahrgänge 2013 (gerade auf den Markt gekommen), 2012, 2011, 2010, 2008, 2006 und zum Spaß auch 2016!!! Letztgenannter also ein leicht trüber Traubensaft, der gerade angefangen hat zu gären.IMG_1497

Insomma: Es passiert, was uns eigentlich immer passiert, wenn wir uns mit einem Produkt von Qualität wirklich beschäftigen – wir lernen es schätzen. Die verschiedenen Jahrgänge offenbaren sich mit verschiedenen Noten, manchmal mehr frische Marille, oft Kamille, manchmal Salbei, aber immer eine große Mineralität, die vom Boden stammt, aber auch vom nahen Meer. Der Jahrgang 2010 ist länger als die anderen und der Jahrgang 2006 ist an seinem Höhepunkt angekommen und beginnt nun alt zu werden, aber das ist nach 10 Jahren bei einem delikaten Weißwein wie diesem schon erstaunlich. Jetzt wird er schon süßlich-karamellig, wie der Saft, der aus einem Apfelstrudel entweicht und im Ofen vor sich hin brutzelt, immer noch sehr angenehm.

Danke für einen lehrreichen Nachmittag in bester Gesellschaft, von dem ich sogar noch mit einer geschenkten Flasche nach Hause fahre!

 

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Roncus – Rückblick auf ein gemeinsames Jahr

Der Sommer neigt sich langsam seinem Ende zu und die vendemmia, die Weinlese, steht vor der Tür. In den letzten 4 Jahre habe ich sie immer versäumt, da ich viermal auf dem Oktoberfest gearbeitet habe. Dieses Jahr will ich endlich wieder hier sein, auch wenn mir der “Himmel der Bayern” fehlen wird.

Die Weinlese werde ich bei RONCUS machen. Roncus ist ein schönes Weingut in Capriva del Friuli, geführt von den Geschwistern Antonella und Marco Perco. Marco Perco macht wunderbar ausdrucksstarke Weine mit Naturhefe. Zwischen den Reben seiner Weingärten und Weinberge wachsen Wiesen, Blumen und Kräuter. Seit Dezember ist Roncus “Umstellungsbetrieb Bio”, aber darüber möchte sich Marco nicht definieren, denn seine Arbeit hat sich durch die Zertifizierung nicht geändert. Hier ist Marco -links im Bild – mit Gianluca Castellano (ausgezeichneter Sommelier bei dem 2-Sterne-Restaurant “Agli Amici”) zu sehen._MG_7352

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Neuentdeckungen in der VILLA FAVORITA

Auch dieses Jahr habe ich den Riesenauflauf von Vinitaly vermieden und habe mich am 11.April auf die zweite wichtige Naturweinmesse (letztes Jahr war ich in Cerea) begeben, die im gleichen Zeitraum im Großraum Verona-Vicenza stattfindet: “Villa Favorita”, organisiert von VINNATUR. Bis Montebello fahre ich mit dem Zug, dort steht erfreulicherweise schon der kostenlose Shuttle-Bus bereit und 10 Minuten später stehe ich vor dieser Pracht im Palladio-Stil:

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Natürlich bietet die Vinitaly eine unüberbietbare Vielzahl an Weinproduzenten, aber in den Messehallen kriege ich leicht einen Koller. Hier fühle ich mich sofort wohl, nein noch mehr, ich fühle mich wie eine Königin in meinem Reich. Continua a leggere

Auf den Spuren der BIODYNAMIE – Franz WENINGER

“Demeter”, “biodynamisch”……diese Begriffe und Produkte haben mich immer interessiert. Aber ich kann mich noch deutlich erinnern, dass ich vor zwei Jahren, als ich über das Vergraben von Kuhhörnern (eine Prozedur, die der Herstellung der zwei biodynamischen Hauptpräparate dient) las, ein große Skepsis verspürte……Doch das Verlangen danach, mehr zu verstehen, ließ mich nicht mehr los.

Vor Weihnachten habe ich einen zweitägigen Kurs über VITICOLTURA BIODINAMICA (=biodynamischer Weinbau) in Sarvognano del Torre (bei Udine) gemacht. Mit Michele Lorenzetti, Biologe, Önologe und Winzer in der Toskana.  Aber bevor ich etwas mehr von diesem Kurs erzähle, ist es an der Zeit, an eine wichtige Begegnung zu denken, die ich in diesem Sommer hatte.

Manche Begegnungen müssen im Inneren reifen, bevor frau über sie schreiben kann…….

Wer meinen Blog schon länger verfolgt, weiß, dass ich familiäre connections zum Burgenland habe. Dort – im Mittelburgenland (Horitschon) hat Franz Weninger mich in seine Weingärten mitgenommen. Aber zuerst stehen wir auf seiner Aussichtsrampe, die einem den Blick über Teile der pannonischen Tiefebene gewährt, an deren Ausläufern wir uns befinden. Franz Weninger2“Da hinten ist schon Ungarn!”

Franz Weninger erklaerendEine Situation ähnlich des Gebietes, in dem ich lebe. Italien – und dort -Slowenien. Große Weinanbaugebiete, von (fast) unsichtbaren Landesgrenzen durchteilt.

Den eisernen Vorhang gibt es glücklicherweise nicht mehr. Aber natürlich gibt es viele Barrieren, eine ist die der Sprache. Franz hat irgenwann verstanden, dass ihm die Weinbauschule in Niederösterreich, die er besucht hat, vor allem Mittel zur Weißweinherstellung an die Hand gegeben hat. Die Ungarn währenddessen sind Meister der Rotweine – und das Burgenland ist ein Land der großen Rotweine. So hat Franz also Ungarisch gelernt.Franz Weninger erklaerend 1

Das Weingut Weninger ist “Demeter-zertifiziert”, wie kam es dazu? Auf youtube findet ihr einige schöne Videos über Weninger, in einem (auch auf der Weninger-Internetseite http://www.weninger.com/ zu finden), erklärt Franz, dass sie sich 2004 als “biologisch” zertifizieren haben lassen. “Aber irgendwas hat  gefehlt…” Das war dann die Biodynamie. Was einige Prozeduren der Biodynamie sind, werde ich in meinem nächsten Artikel schreiben. Nur kurz: Sie geht – wie die Waldorfschulen – auf Rudolf Steiner zurück. 1924 hat er in Koberwitz mit seinem “Landwirtschaftlichen Kurs” die Grundlagen gelegt.

Wir steigen ins Auto und fahren auf eine kleine Anhöhe – zu einer anderen “Lage”. Auf der Fahrt dorthin, erzählt mir Franz von seinen Erfahrungen als Praktikant in Kalifornien. Dort fiel ihm das erste Mal auf, wie oft die physiologische Reife nicht mit der Zuckerreife der Trauben zusammenfiel, und wie dann im Nachhinein mit Kellertechnik eingegriffen werden musste. (Zu den Begriffen der Reife könnt ihr den Anfang dieses Artikels auf Vinolog lesen.) Nach der Rückkehr aus Amerika, war das sein Ausgangspunkt einer langen Recherche. Und nur bei Rudolf Steiner und dessen Ansätzen hat er Lösungen gefunden………Franz vor Auto

Franz Weninger ist der erste, der MICH auch “interviewt”, sonst bin ja meistens ich diejenige, die endlos viele Fragen stellt.

“Was empfindest du hier – wie ist die Luft/der Boden/die Pflanze hier – im Vergleich zur Ebene (beim Aussichtspunkt)?”Wiese zwischen RebzeilenHaeuschenSchild Weninger

Er gibt mir sogar ein Stück Erde in die Hand und fordert mich auf, daran zu riechen. Es riecht nach Wald . Nach Humus – einfach nach lebendigen Prozessen. Und das ist ja leider das Problem, dass man das von vielen intensiv-landwirtschaftlich genutzten Flächen nicht sagen kann…..

alles will Wald werden

Ich bewundere das T-Shirt von Franz und frage nach seiner Bedeutung.

Es ist eines einer Serie, die die “Helfer” im Weinberg zeigt. All die kleinen Tierchen, die für den Boden und seine Fruchtbarkeit arbeiten. Der Name des Tieres steht immer auf der Vorderseite des T-Shirts – auf Ungarisch und auf Deutsch!TShirt

Später sind wir im Weinkeller – Franz zeigt mir vieles, was ich schon in -zig Weinkellern gesehen habe – aber noch nie BRENNNESSELN. Mit diesen werden Aufgüsse für die Reben gemacht.

Eine WENINGER – WAND. Eine dieser Kisten ziert jetzt auch eine Ecke meines Wohnzimmers.. Weinschachteln

Natürlich verkosten wir zum Schluss. Der “Kirchholz”-Blaufränkisch,der Kekfrankos (Blaufränkisch aus dem Anbaugebiet der Weninger in Ungarn) und der Grüne Veltliner sind meine Favoriten, von denen ich mir auch ein paar Flaschen nach Hause mitnehme. .

Charakterweine, die davon erzählen, dass sie gut begleitet wurden.

Ich veranschiede mich mit der Gewissheit im Herzen, heute wieder mal was Wichtiges BEGRIFFEN zu haben.

Giorgio Clai – Eine besondere Verbindung nach Istrien

Es ist ja nicht so, dass die Weinwelt nur schön und heil wäre……….Natürlich habe ich schon Unverständnis, Ellbogentechnik etc. kennen gelernt. Nur habe ich entschieden, über solche Begegnungen nicht zu schreiben. Warum auch. Macht keine Freude.

Heute jedoch wäre ich gerne einer Schriftstellerinnensprache fähig. Um eine Begegnung zu beschreiben, die mich nachhaltig beeinflusst hat und sicherlich weiterhin beeinflussen wird. Wenn ich mir in meinem Inneren einen Raum vorstelle, den ich dem Wein gewidmet habe, dann ist dieser innerliche Raum vor einer Woche größer geworden, …auf einer Zeichnung hätte dieser Raum an Tiefe gewonnnen. Ja, vielleicht würde man jetzt auf der Zeichnung sehen, dass unter dem Raum, Wurzeln zu sehen sind, Gestein, Erde..

IMG_9963Es ist Freitagvormittag. Zeugnis meiner Kinder abholen. Dankbar, dass ich mir keine Sorgen um die Schule machen muss. Verquatscht mit einer anderen Mutter.

Inneres Fluchen. Ich hätte schon vor 10 Minuten abfahren sollen. Wenn ich der Zeit vertraue, die mir Google Maps angibt, um nach Krasica/Buje in Kroatien zu fahren. 1 Stunde und 22 Minuten. Aber es regnet. Und – ja, die Grenzen nach Slowenien und Kroatien sind jetzt offen, aber es ist Freitag und der Urlauberstrom hat begonnen.

Ich bin 40 Minuten zu spät. Giorgio Clai erwartet mich mit einem verschlossenen Gesicht. Ich entschuldige mich und frage ihn, wieviel Zeit er noch für mich habe. Es ist 11.40 und er sagt: “Naja, um 15.30 muss ich in …… sein”. Da beginne ich zu verstehen, dass sich hier jemand wirklich Zeit genommen hat, denn ich bin “racommandata”. Liliana Savioli, die interessanteste Sommelier, die ich kenne (siehe auch meinen vorherigen Artikel), hat die Verbindung für mich zu Giorgio Clai hergestellt. Wenn man von “vini naturali” und “orange wine” liest, auch in Deutschland und Österreich, hört man eigentlich immer auch seinen Namen.

Giorgio ist Kroate, spricht aber ein perfektes Italienisch, denn er ist in Triest aufgewachsen und hat dort 22 Jahre ein Restaurant bzw. eine Bar gehabt. Immer zusammen mit seiner Frau Vesna, ohne die er nicht einmal einen Tag verbringen will. Das sind keine leeren Worte- die Verbundenheit zwischen den beiden ist klar zu spüren.

Vesna kommt und begrüßt mich mit einem warmen Lächeln, das mich den Stress auf der Autobahn nun endgültig vergessen lässt.

IMG_9954Giorgio führt mich in den Verkostungsraum und prüft meine Ansichten über “natürlichen Wein” auf Herzen und Nieren. Er erklärt mir, dass für ihn der Herzansatz sein, dass mit natürlichen Hefen und mit Spontangärung gearbeitet werde. Wie sonst solle sich das “Terroir” ausdrücken. Ein Terroir, das in Krasica außerordentlich ist. Weiße Böden – Kalkböden.

IMG_9935“Ich kenne keinen anderen Ort, an dem ich gedacht hätte, hier würde ich gerne wohnen…!!”, sagt Giorgio. Verstehe ich.

Wir gehen in den Weinkeller. Vesna ruft uns nach, dass in einer halben Stunde das Essen fertig sei.

IMG_9944IMG_9945IMG_9947Wir kehren nach 1 1/2 Stunden zurück. Die Zeit ist verflogen. Ich habe Giorgios Weine und sein Lächeln kennen gelernt.

Einen Malvasia, der mir den Atem nimmt….

Einen Refosco, der meine Vorstellung über diese Rebsorte umkrempelt.

 

 

Ich fahre als eine andere zurück…….